Achtung vor der Würde des Lebens

Mit Wirkung vom 22.3.2020 ist bundesweit eine Versammlung von mehr als 2 Personen, die nicht aus einer gemeinsamen Haushaltsgemeinschaft stammen, auf öffentlichen Flächen verboten.

Das hat Konsequenzen. Friedhöfe sind öffentliche Flächen.
Und Beerdigungen finden auf öffentlichen Flächen statt.
So ist uns die Möglichkeit zur Anteilname mit körperlicher Anwesenheit genommen.

Dankbar nehmen wir wahr, dass durch eine Verfügung vom 24. März Landrat Frank Matiaske für Beerdigungen eine Sonderregelung getroffen hat: Bis zu 10 Personen dürfen als Trauergemeinde zusammenkommen. Ein Mindestabstand von 1,5 Metern ist einzuhalten. Die Trauerfeier ist unter freiem Himmel, also nur am Grab, abzuhalten. 
Wenn Sie in einem anderen Landkreis wohnen, fragen Sie den Bestatter nach den lokal getroffenen Verordnungen.

Die notwendigen und hoffentlich hilfreichen Maßnahmen zur Eindämmung des neuartigen Coronavis SARS-Cov-2 sind für unser Bedürfnis zur Unterstützung und Anteilnahme in Not besonders schmerzhaft.
Freudige Ereignisse, die den Blick in kommendes Leben nehmen, kann man auch später Feiern.

Abschied ist einmalig.
Nachholen ist unmöglich.

Wenn diese Zeit uns wenigstens Dieses lehren möge:
Die Zeit, die wir haben, diese Zeit ist kostbar.
Vergeuden wir sie nicht.
Nutzen wir sie...
... wertschätzend und nachhaltig! 

 

Für den Umgang mit Beerdigungen bedeuten die neuen Regeln:

- Angehörige und Zugehörige stehen vor der schwierigen Aufgabe auszuwählen. Wen wollen sie auf diesem Weg als Weggefährtin oder Weggefährten an der Seite haben? 
Nicht mehr als 2 Personen sollten auf dem Weg sein!
Angehörige und  Zugehörige werden sich entscheiden für Gefährten.

- Wer nicht eingeladen ist, wird akzeptieren müssen, dass die Auswahl keine Entscheidung gegen... -  sondern eine Entscheidung für... gewesen ist.

- Freunde und Verwandte werden Wege finden müssen, ihre Anteilnahme auf anderem Wege auszudrücken. Vermutlich werden wieder Briefe geschrieben werden, die mehr enthalten als "Aufrichtige Anteilnahme!, Dein..."

- Freunde und Verwandte werde neue Formen des Abschiednehmens entdecken müssen. Vielleicht hilft ein Gang zum Grab zu einem späteren Zeitpunkt und alleine. Und wenn Sie das tun: Sie wären nicht der oder die erste, die am Grab mit dem Verstorbenen spricht.

- Wo wir nicht reden können, dort könnten wir schriftlichen Austausch entdecken. Und vielleicht können Angehörige irgendwann ein (Fotokopien-)Buch über den Verstorbenen / die Verstorbene zusammenstellen, das sich aus Erinnerungen speist, die Freunde und Verwandte in Briefen schriftlich mitgeteilt haben. Manches Staunen mag es geben wie vielfältig die/der Verstorbene wahrgenommen wurde.
In aller Trauer und allem Schmerz: Es ist auch spannend zu sehen, wie unerwartet variantenreich ein Leben manchmal gewesen ist.

Wer weiß, welche Möglichkeiten Ihnen noch einfallen, um den Mennchen, die Ihnen wichtig sind, ihre Anteilnahme erlebbar zu machen.
Ich bin da voller Zuversicht und gespannt!
Und wer weiß - vielleicht entwickeln sich neue Rituale, weil manches davon wirklich brauchbar und sogar einfach und verständlich ist.

Ich wünsche Ihnen Geduld mit sich und den Anderen, Offenheit und Gelassenheit.
Mögen sie erleben:
So groß und überwältigend die Herausforderung sich auch darstellt: Wir werden lernen mit ihr umzugehen - ein jeder auf seine und eine jede auf ihre Weise.

Reinhold Hoffmann

Hospizgruppe "Südlicher Odenwald" | info@hospizgruppe-odw-sued.de / 06275 912049